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"Come on THUNDER CHILD"

 

KRIEG DER WELTEN DIORAMA

Hersteller: Tripod Eigenbau

Maßstab: 1:700

Modellbauer: Marco Scheloske

Text und Fotos © 2007 Marco Scheloske

“Langsam entfernte sich der Dampfer, aber am Horizont erschien jetzt die Silhouette einer Kampfmaschine. Eine folgte der anderen. Über Berge und Bäume steuerten Sie mit Riesenschritten ins Meer und blockierten die Abfahrt des Dampfers! Das graue Panzerschiff THUNDER CHILD lag ganz ruhig zwischen ihnen. Langsam bewegte es sich auf das Ufer zu bis es, begleitet von einem ohrenbetäubenden Dröhnen und riesigen Wellen, drehte und mit voller Kraft auf die wartenden Marsianer zusteuerte...” (Curd Jürgens, “Der Krieg der Welten”)

1978 veröffentlichte Jeff Wayne seine Musicalversion zu H.G. Well’s Science-Fiction Klassiker “The War of the Worlds – Der Krieg der Welten”. Bis heute ist dessen Erfolg mit rund 14 Millionen Verkäufen  ungebrochen, in 11 Ländern wurde es seitdem Nr. 1 der Albumcharts, in Großbritannien ist es sogar bis heute nicht mehr aus den Top 100 herausgefallen! Schon lange plante ich, zu einer der Szenen ein Diorama zu bauen, anläßlich des „Heroes“-Modellbauwettbewerbes auf Starshipmodeler.com wurde dieses Vorhaben nun endlich in die Tat umgesetzt – denn was kann heldenhafter sein, als sehenden Auges in den eigenen Untergang zu steuern, um Schwächere zu schützen (den im obigen Prolog erwähnten Flüchtlingsdampfer), anstatt selber das Heil in der Flucht zu suchen?

Hier die Strophe des Musicals, welche im Diorama dargestellt wird: „Moving swiftly through the waters / Cannons blazing as she came / Brought a mighty metal Warlord / Crashing down in sheets of flame / Sensing victory was nearing / Thinking fortune must have smiled / People started cheering / Come on THUNDER CHILD!”

Dieser Moment der Hoffnung angesichts des drohenden Untergangs im Maßstab 1:700 umfaßte für mich einige Premieren: Es war das erste Mal, dass ich ein Modell zu einem Musical darstellte, nicht zu einem Film oder Buch, Montageschaum zur Erstellung einer Explosion verwendete, ein Resinmodell eines realen Schiffes baute und außerdem Fotoätzteile einsetzte...

„Moving swiftly through the waters“ – die HMS THUNDER CHILD

H.G. Wells ließ seinen berühmten Roman zu der Zeit spielen, in der er selber lebte: Das viktorianische England des ausklingenden 19. Jahrhunderts.
Auch das Musical ist in jener Epoche angesiedelt, also musste zum Bau des fiktiven Schiffes THUNDER CHILD ein Modell eines Panzerschiffes dieser Zeit gefunden werden. Das Plattencover als Inspiration nutzend fiel meine Wahl schließlich auf einen Resin-Bausatz der HMS DUNCAN des Herstellers Kombrig. 
Der Guß dieses Modells war erstklassig, der Zusammenbau ein Kinderspiel. Lediglich die beiden Masten des Schiffes habe ich aus Messing neu scratch gebaut, anstatt die Resinteile zu verwenden, da mir diese nicht stabil genug erschienen, um die Takelage bzw. Verdrahtung der Funkanlage aufrecht zu überstehen. Apropos Takelage: Diese entspricht keinem exakten historischen Vorbild, ich wollte lediglich ein paar Details zum Zweck des besseren Aussehens („Eyecandy“) hinzufügen.

Orientiert habe ich mich dabei grob an Bildern der HMS DUNCAN aus den Weiten des Internets, verwendet habe ich schwarzes Monofilament („unsichtbaren Faden“). Die Ankerketten bestehen aus verdrilltem, schwarzen Faden, die „Union Jack“-Flagge ist ein Druck auf dünnem Papier, welcher zur besseren Gestaltungsmöglichkeit des flatterns im Wind auf Alufolie geklebt wurde. Schließlich fügte ich noch fotogeätzte Relings von Eduard an, was sich recht knifflig gestaltete, da die dünnen Neusilber-Elemente sehr leicht verknickten. 

Nach mehreren Anläufen klappte aber schließlich auch dies – ein Tipp: Kaffeegenuß sollte bei solchen Arbeiten vermieden werden...

Die Wahl der Farben für die Lackierung stellte mich vor ein kleines Problem: Aufgrund des Zeitrahmens und des Plattencovers müsste das Schiff im berühmten „victorian livery“ bemalt werden, also ein schwarzer Rumpf mit weißen Aufbauten, Maste und Schornsteinen in Beige. Andererseits ist im Text vom „grauen Panzerschiff“ die Rede (auch in der englischen Originalfassung: „grey ironclad“). Einfach im Grau der späteren Schlachtschiffe wäre die THUNDER CHILD aber längst nicht so interessant anzuschauen. Ich entschied mich daher für einen Kompromiß zwischen beiden Varianten: Anstatt Schwarz verwendete ich Dunkelgrau (Revell 78) für den Rumpf, anstelle von Weiß „Camouflage Grey“ von Testors. Lediglich das Beige behielt ich bei, hierzu kam „Panzer Interior Buff“ von Testors zum Einsatz. Das Holzdeck wurde teakfarbend lackiert, die Stahldecks der Aufbauten in Mahagoni – dazu mischte ich mir optisch passende Töne aus diversen braunen Revell-Farben selber an. Um Details, wie die Beplankung des Decks oder auch Elemente des Rumpfes, besser sichtbar zu machen setzte ich sparsam ein Washing mit stark verdünnter Ölfarbe (Payne Grau) ein. Dabei benetzte ich einen schmalen Pinsel und lies die Farbe unter Ausnutzung von Kapillareffekten quasi sich selbst in die versenkten Gravuren hineinziehen. Übergematschte Farbe entfernte ich mit einem fusselfreien Tuch. Ein abschließendes Drybrushing mit Weiß, d.h. das Bestreichen von Kanten und Details mit extrem wenig Farbe, fast schon einem trockenen Pinsel, brachte die Lackierung zum Abschluß.

Um das Modell zu vervollständigen fehlten nun nur noch einige jubelnde Crewmitglieder („people started cheering“), diese stammen ebenfalls von Eduard und sind bereits von Hause aus lackiert. Ganz zuletzt noch „Spezialeffekte“: Der Rauch aus den Schornsteinen und der Qualm des feuernden Buggeschützes wurde aus feiner, grau melierter Filzwatte in Form gezupft, mit Haarspray fixiert und einfachem UHU angeklebt.

„Mighty metal Warlord“ – die dreibeinige marsianische Kampfmaschine

Es existiert kein Bausatz einer marsianischen Kampfmaschine in 1:700, welcher der Jeff-Wayne-Version nahe käme. Hier war also ein Eigenbau angesagt. Meine Version ist an die Coverzeichung angelehnt, aber keine Kopie dieser, sondern ein wenig massiver, panzerähnlicher. Sehr hilfreich war dabei eine japanische Sammelfigur des Roboters ED-209 aus Robocop, hergestellt von „Kotobukya“: Der „Kopf“ wurde von den anderen Teilen getrennt und um 180° gedreht, schon war so der Rumpf des Dreibeiners im Grundaufbau fertig. Teile aus der Grabbelkiste, hauptsächlich Überreste diverser Mechs und des einen oder anderen Panzers, führten ED nach und nach endgültig seiner neuen Bestimmung zu. Die Beine sind aus Holz, dessen Struktur soll den außerirdischen Look unterstreichen.

Die Verbindungen zwischen den Beinen und dem Rumpf entstanden aus Polystyrolstreifen, die beiden Ringe um jedes Bein wurden aus selbstklebender Alufolie erstellt, die mehrfach um die Holzstäbe gewickelt wurden. Füße erhielt das Modelle nicht, da es später im Wasser der Themse stehend verwendet wird.

Lackiert wurde die Kampfmaschine komplett mit Bolt Gun Metal von Citadel („wandelnde Maschinen aus glitzerndem Metall“), gefolgt von einem dunkelgrauen Ölfarben-Washing und einem Drybrushing mit Silber, um die Details hervorzuheben. Abschließend erhielt die neu entstandene marsianische Kampfmaschine noch einige Tentakel aus gebogenem Stahldraht, deren Enden wurde mit einem Seitenschneider aufgespleißt, um so mechanische Klauen darzustellen.

„Crashing down in sheets of flame“ – der explodierende Dreibeiner

Die Explosion zu modellieren war schwieriger, als ich zunächst dachte. Ich habe 1-Komponenten-Montageschaum aus dem Baumarkt auf einen Styroporkern gesprüht und aushärten lassen, die ersten Ergebnisse jedoch sahen nur Anfangs gut aus. Voll getrocknet waren es lediglich seltsam geformte Bälle, keine Momentaufnahmen einer expandierenden Wolke.

Folgendes Vorgehen führte dann aber doch zum gewünschten Ergebnis: Zunächst wurden ein paar Stränge auf einen Styroporkern gesprüht. Beim Trocknungsvorgang blieb ich diesmal dabei, und  wenn sich eine zu glatte Oberfläche bildete, wurde mit einem Holzstab hineingepickst und das Ganze ein wenig verquirlt. Als dieser „Kern“ vollständig trocken war sah er schon nicht schlecht aus, ich aber wollte ein wenig mehr Dynamik. Daher steckte ich verschieden lange Holzstäbe in jenen, sprühte Montageschaum in eine kleine Schüssel und tauchte diese „Ärmchen“ hinein und beobachtete wieder die Trocknung, um in gleicher Weise wie beim ersten Durchgang gegebenenfalls einzugreifen. 

Der Schlüssel bei der ganzen Sache ist, keinen Teil der Oberfläche zu glatt werden zu lassen!

Gut durchgetrocknet (72 Stunden) ging es an die Lackierung. Diese besteht aus insgesamt neun Schichten immer dunklerer Farbtöne, alle von Citadel / Games Workshop, da solche wenig aggressiv sind und so der Schaum nicht angegriffen wurde: Zunächst sprühte ich „Skull White“ direkt aus der Dose, drei Lagen, damit ein wirklich weißes Weiß als Grundierung vorhanden ist.

Nun folgte eine zügig gepinselte Schicht „Bad Moon Yellow“, an einigen Stellen schimmert das Weiß durch – dies sind die wirklich heißen Stellen der Explosion. Die nächsten beiden Farben wurden mit einem flachen Pinsel trockengebürstet, zunächst „Sunburst Yellow“, dann „Golden Yellow“. Nun kam ein 8 mm durchmessender, recht harter Pinsel mit kreisrunder Malspitze zum Einsatz, um „Fiery Orange“, gefolgt von „Blazing Orange“ und schließlich „Scorched Brown“ auf immer kleineren Flächen mittels Trockenbürsten aufzubringen. So simulierte ich die schnell abkühlende Oberfläche der Explosionswolke.

Die drei Beine der unglückseligen Kampfmaschine, welche ebenso wie die des intakten Dreibeiners hergestellt wurden, steckte ich in die Explosion hinein und verklebte sie mit UHU. Das „Steuerbord“-Bein wird von der Druckwelle vom Rumpf abgerissen, aus der Nähe sieht man die abgerissenen Stabilisatoren. Abschließend steckte ich noch einige wegfliegende Trümmer des Marsianers in die Wolke und an die Enden einiger Ärmchen für noch etwas Dynamik.

„Sensing victory was nearing“ – die Montage auf die Grundplatte

Nun galt es, alle Elemente zu einem eine Geschichte erzählendes Diorama zu montieren. Die Wasseroberfläche der Themsemündung, wo die Szene spielt, ist Seefolie von Faller, für das Schiff und die Beine der Kampfmaschinen wurden mit einem Skalpell entsprechende Flächen herausgeschnitten. Die Effekte – Bug- und Hecksee der THUNDER CHILD, die Schockwelle des feuernden Geschützes und der Explosion sowie Brecher an den Beinen der Invasoren – wurden mit Wasser-Effekt-Gel von Woodland Scenics auf die Seefolie modelliert und mit reinem Weiß trockengebürstet. Der Untergrund ist in Photoshop erstellt und ausgedruckt worden.

Schließlich wurden die drei Modelle mit Epoxy-Klebstoff darauf montiert, das Namensschild, welches den relevanten Text der Musicalstrophe sowie das Logo des Musicals trägt, kam an seinen Platz... die Darstellung des heroischen letzten Gefechtes des tapferen Panzerschiffes, stellvertretend für die ganze Menschheit, war fertig.

„People started cheering“ – einige Worte zum Abschluß

Bevor es mir jemand vorwirft: Ja, ich habe einige Elemente in der Darstellung etwas übertrieben, dabei mit voller Absicht künstlerische Freiheit in Anspruch nehmend. Der Eindruck, den ich erreichen wollte, wird damit unterstrichen – ein dramatischer Kampf zwischen David und Goliath mit viel Dynamik, vor allem Dingen in Bezug auf die THUNDER CHILD, welche ja beschrieben wird als „moving swiftly through the waters“ (rasch durch das Wasser eilend). Daher ist das Wasser der Themse etwas sehr stürmig, aber mit weniger Wellen und Schaum wirkte es mir zu ruhig.

Das gleiche gilt für den Schockwellen-Effekt des explodierenden Dreibeiners, dieser mag nicht komplett real aussehen, aber dafür cool – und hey, wer vermag schon zu sagen, welche Effekte hochgehende außerirdische Gerätschaften haben?

Der Ausgang des eingangs erwähnten „Heroes“-Wettbewerbs gab mir im nachhinein recht: Das Modell erzielte in der Kategorie „Diorama“ den 1. Platz. So kam ich schlußendlich zu einem dreidimensionalen Abbild meiner persönlichen Vorstellung dieser Szene des Jeff-Wayne Musicals vom „Krieg der Welten”.

 Nun kann jeder sehen, und vielleicht auch nachempfinden, was ich beim Hören immer vor meinem geistigen Auge sehe: „Sensing victory was nearing, thinking fortune must have smiled...Come on THUNDER CHILD!”

In diesem Sinne: Just glue it!

Marco Scheloske, Mönchengladbach

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