Modelle fotografieren

Modellbauer: Heiko Alexander Beyer

Teil 2

Text und Fotos © Heiko Alexander Beyer

ERGÄNZUNG: Im ersten Teil hatte ich ohne Erklärung den Begriff Schärfentiefe / Tiefenschärfe gebraucht. Diese Erklärung wird wohl erst im dritten Teil erfolgen, wenn es um die praktische Bildgestaltung geht. 

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TEIL 2: 
Hier also der zweite Teil der Tipps für bessere Modellfotos. Auch dieses Mal können die Eiligen unter Euch auch nur die CONCLUSIO der Tipps am Schluß dieses Postings lesen. 

Diese Folge also "Beleuchtung und Belichtung". 
Demnächst dann Bildgestaltung, Schärfe&Co und Postproduktion. 

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ALLGEMEINES: 
* Das Licht macht das Foto * 

Bekanntermaßen entstehen Fotos durch das Abbilden eintreffender Lichtstrahlen in einem kurzen Moment. Das sollte man immer im Hinterkopf haben! ‚Schlechtes’ (unpassendes, verfärbendes) Licht macht jedes Foto kaputt. Deshalb sollte man sich für die Lichtgestaltung bei Modellfotografie Zeit und Sorgfalt investieren. 

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DAS LICHT * Dauerlicht oder Blitzlicht?* 

Kurz vorweg: 
Man kann ohne großen Aufwand eine super Lichtstimmung erzielen, wenn man einfach auf das passende Wetter / Licht wartet. Dann schleppt man die Dioramen, die evtl. Hintergründe, die Kamera nebst Stativ etc. nach draußen richtet alles ein und macht super Fotos mit realistischem Licht. 
Soweit die Theorie, die jedoch meistens nur Theorie bleibt. Und das aus folgenden Gründen: 
-meistens sitzt man nicht den ganzen Tag rum um dann bei gutem Licht nach draußen zu stürzen 
-Das Rausschleppen des Equipments kann aufwendig sein 
-Besondere Lichtstimmungen (Wüstenfeldzug, Winterdefensive Ostfront, Norwegen) treten bei uns nur zwei, dreimal im Jahr auf. 
-Wer in großstädtischen Mietwohnungen wohnt, findet schwer ein ruhiges helles Plätzchen in Wohnungsnähe und auf viele Balkons paßt ja leider nur der sattsam bekannte Kasten Bier. 
Lange Rede kurzer Sinn: 
Um die Gestaltung in der Hand zu haben, wird man eher zu Hause eine künstliche aber kontrollierte und passende Lichtstimmung erzeugen. 

* Dauerlicht versus Blitzlicht * 

Dauerlicht: 
Eine bis X Lampen werden eingerichtet und leuchten dabei Dauerhaft. 
-spezielle Fotolampen mit der richtigen Farbtemperatur (s.u.) sind teuer 
-man braucht eine ganze Menge Halter, Stative, Klemmen, Folien, Rahmen, Fahnen 
+ man kann die Lichtstimmung kontrolliert gestalten (WYSIWYG). 
+ die Belichtungsmessung ist einfacher 
+ störende Reflexe z.B. in seidenmatt lackierten Modellteilen werden schon im Vorfeld erkannt und können vermieden werden. 

Blitzlicht: 
I.d.R. ein Blitzlicht wird von der Kamera ausgelöst, wenn das Foto ‚gemacht’ wird. 
-effektvolle Lichtgestaltung mit Blitzlicht erfordert viel Erfahrung 
-die richtige Wahl der Belichtung ist schwer, da die eventuelle Belichtungsautomatik der Kamera für Blitze im Nahbereich meist versagt. 
-störende Reflexe werden nicht erkannt. 
-die Schattenpartien des Bildes werden zu dunkel, die Lichter zu hell 
-das Bild wirkt flach, wenn der Blitz aus der Richtung der Kamera kommt 
-der Hintergrund wird in Relation zum Vordergrund zu dunkel (Die ‚Helligkeit’ durch das Blitzlicht nimmt im Quadrat der Entfernung ab!) 
+ schnelleres Verfahren, als langes Einleuchten 
+ die Farbtemperatur entspricht mittlerem Tageslicht. 

Meine Empfehlung: 
Mit mehreren Dauerlichtlampen eine kontrollierte Lichtstimmung schaffen! 
Dazu gleich ausführlich – 

BLITZTIPPS: 
zunächst jedoch kurz für alle, die trotzdem beim Blitzen bleiben wollen ein paar Tipps: 
1.)Blitz von der Kamera weg! Blitzkabel besorgen und Blitz an die Stelle, wo in ‚Echt’ die Sonne wäre, also i.d.R. von oben :-} 
2.)Blitz soften! Entweder eine mit käuflichen Hilfsmitteln wie Blitzball, Softbox etc. oder einfach mit einem Papiertaschentuch, das bauchig vor den Blitz geklebt wird. Wer ganz viel Geld hat, kauft sich für Detailfotos noch einen sog. Ringblitz (z.B. SOLIGOR ca. 550,-DM). 
3.)Manuell die Blende und Verschlußzeit einstellen und eine sog. Belichtungsreihe machen: 1. Bild: die gemessene / vermutete Belichtungszeit. 2. Bild: ½ Blende drunter 3. Bild: ½ Blende drüber 4. Bild: 1 Blende drunter 5. Bild: 1 Blende drüber. Dann wird wahrscheinlich ein Bild okay sein. 
4.)Sklavenblitz verwenden. Das ist eine kleines Blitzkästchen, das durch das Licht des Hauptblitzes gezündet wird. Dieses wird dann schräg hinter das Modell / Diorama gelegt (außerhalb des Bildes natürlich bzw. verdeckt). Das bringt etwas Plastizität in die häufig so flachen Blitzfotos. 
Wer mehr wissen will, sei auf das Buch „Grundkurs Blitzfotografie“ von Thomas Maschke und Heinz von Bülow verwiesen (Augustus Verlag, ISBN: 3-8043-5057-7, ca 40,-DM; bei Amazon nicht findbar !). 

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LICHTTIPPS: 

Man arbeitet meistens mit drei Lichtquellen: 
a) Führungs- oder Hauptlicht 
b) Aufhellung 
c) Kante (für Lichtkranz von Hinten, um die Konturen schärfer und plastischer zu machen) 
oder Effektlicht 

Damit das jetzt nicht allzu langwierig wird, werde ich einfach anhand zweier unterschiedlicher Lichtstimmungen mal erklären wie es geht. 

1.)Wüstenkrieg vor Tobruk, Mittags, wolkenlos 

a) Hauptlicht: Grelle Sonne. 
Also Führungslicht hart z.B. ein (kleiner) Halogenscheinwerfer (150-300W reicht) ohne alles direkt drauf. Gute Position suchen, sodaß Details, die Ihr auf dem Foto erkennen wollt, nicht im Schatten sind. Schatten eher hinter die Fahrzeuge / Figuren, nicht davor. 

b) Aufhellung: Wüstensand reflektiert von unten. 
Styroporplatte (ca. 20X20cm je nach Modellgröße) zur Hand und dann als Reflektor mal ein bißchen rumbewegen. Die Schattenpartien an den Modellen/Figuren sollten von unten etwas aufgehellt werden; die Schlagschatten sollten dunkel bleiben. 

c) Effektlicht: Brennende Tanks, Hafenanlagen und Bunker im Hintergrund 
Wahrscheinlich reicht eine Glühbirne 60W. Irgendwo von hinten (Hintergrundbild beachten!). Davor eine gelbe oder orangene Folie. Entweder eine spezielle Folie aus dem Beleuchtungsbedarf (Conrad Elektronik, ca.20 DM) oder stattdessen einfach einen farbigen Schutzumschlag für Schulhefte nehmen. 

Gesamtlichtstimmung betrachten. Stimmt alles? Oder ist ein Licht zu hell, zu hart oder an falscher Stelle? 
Falls ein Licht zu hart ist: einen kleinen Rahmen mit Butterbrotpapier bespannen und davorhängen. 

Alles gut? Na schön! 

Doch halt! Wenn da alles rundrum brennt, durfte doch die Luft nicht so klar sein?! Also Opa eine Zigarre klauen und ein bißchen rumqualmen. Vielleicht am besten im 2er Team eine qualmt, eine fotografiert. 

2.)Ostfront, Winter, kurz nach der Morgendämmerung 

a) Hauptlicht: Sonne nicht zu sehen, dichteste Wolkendecke, diffus. 
Ein paar Neonröhren drüberhängen. Mit massig Butterbrotpapier ‚frosten’ (nicht direkt davor, sondern mit etwas Abstand!). 

b) Aufhellung: reflektierender Schnee, helles Felsgestein, Wasserpfützen 
Mehrere kleine Styroporflächen auf der Rückseite mit vorher zerknittertem Silberpapier/Alufolie bekleben (für Styropor geeigneten Kleber verwenden!). Bei einigen die matte Seite der Folie nehmen, bei einigen die polierte Seite. Damit probiert man denn rum bis das hübsch ist. 

c) Effektlicht / Kante: Scheinwerfer des Wachturms. 
Ist in dem Diorama vielleicht ein Wachturm mit Scheinwerfer? Oder Laternen? Oder hat ein Fahrzeug die Scheinwerfer an (die man natürlich nicht direkt sehen darf, sonst fällt der Schmu auf!) ? 
Dann mit einem kleinen, scharfen Licht einen Lichtkegel erzeugen, der aus dem Scheinwerfer/der Laterne zu kommen scheint und bestenfalls von hinten auf eines der Hauptmodelle fällt und ihm einen Lichtkranz verleiht. 

Natürlich brauchen wir wieder ‚nen Schleier. Diesmal nicht Rauch, sondern Nebel / Dunst. Also mehr im Hintergrund des Dioramas rumqualmen und möglichst hellen Rauch benutzen. 

FAZIT: 
Ihr seht, daß man durchaus schon beim Planen eines Dioramas an die Fotos denken kann, und Lichtquellen und Hintergrund dementsprechend auswählt und positioniert. 

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FARBTEMPERATUR: 
Kurz mal stop mit der Euphorie! So traumhaft das jetzt alles klingt, hat die Sache mit den improvisierten Lampen eine kleinen Haken: Die Farbtemperatur stimmt nicht. 

* Was ist den Farbtemperatur? * 

Farbtemperatur ist die Farbstimmung des Szenarios. Diese ändert sich den ganzen Tag, ist morgens und abends niedriger (ca. 4000K=Kelvin) und mittags höher (ca. 7000K). Kunstlicht ist ganz tief im Keller (Kerze ca. 1500K, Glühlampe ca. 2800K, Halogenlampe ca. 3400K). Das menschliche Auge paßt sich an die unterschiedliche Farbtemperatur automatisch an, sodaß wir ein weißes Blatt Papier immer als weiß empfinden. Fotoapparate machen das leider nicht (deshalb kennen wir vom Videofilmen her den sog. Weißabgleich). 
Um trotzdem farbrichtige Fotos zu machen muß man i.d.R. mindestens 3000K dazugeben. 

* Okay, - und wie fixen wir das? * 

Das macht man mit einem Farbkorrekturfilter ( http://www.hama.de/hama/shop.jsp?sid=88bj0ctee1 ) in blau. Z.B. einen KB 12 oder KB 6 (Ca.20-150 DM je nach Durchmesser des Objetivs). 

Um zu kontrollieren, ob man mit dem Filter richtig liegt kann man von jedem Motiv vorher ein Bild mit einer Farbskala und einem Graukeil machen (Natürlich mit allen Lampen so, wie es hinterher sein soll!) Diese Farbskala kann man in guten Fotogeschäften kaufen – leider kostet sowas mindestens 70DM. Billiger ist ein Ausdruck einer entsprechenden Datei, die z.B. in Grafik-Paketen wie Corel-Draw meist enthalten ist. Voraussetzung: der Drucker ist halbwegs richtig kalibriert. 

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CONCLUSIO DER BELEUCHTUNGSTIPSTIPPS: 
-) Mehrere Dauerlichtquellen benutzen 
-) Hauptlicht: Neonröhren für Winterlicht, Halogenstrahler für Sonne 
-) Aufhellung: Styropor einseitig mit Alufolie bekleben. Als Reflektor verwenden. 
-) Effektlicht: Je nach Bedarf mit Farbfolie 
-) Kante (leichtes Gegenlicht): Kleiner Scheinwerfer oder Taschenlampe. 
-) Rauch oder Dunst: Zigarretten / Zigarrenrauch 
-) Farbtemperatur korrigieren mit KB3 bis KB12 
-) Farbskala mitfotografieren 

 

 

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